Die größten Fehler bei der Datenmigration und wie Sie sie vermeiden
- Stefan Radau
- 1. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Aug.

Was ich aus über zehn Jahren Projekterfahrung in Mittelstand und Konzern gelernt habe.
Der unterschätzte Risikofaktor
In fast jedem ERP-Projekt kommt irgendwann dieser Moment: Die neue Software steht bereit, die Testsysteme laufen – und dann fällt auf, dass die Daten fehlen. Oder unvollständig sind. Oder schlicht nicht stimmen.
Als Projektleiter habe ich diesen Punkt in vielen Projekten erlebt – mal früh, mal zu spät. Dabei ist klar: Eine ERP-Einführung ohne saubere Daten ist wie ein Hausbau ohne Fundament. Sie können noch so viel in Lizenzen, Customizing und Prozesse investieren – wenn die Daten nicht passen, kippt das ganze Projekt.
Trotzdem wird die Datenmigration oft stiefmütterlich behandelt. Warum eigentlich?
1. „Das machen wir später.“
Der häufigste Satz, wenn es um Datenmigration geht. In der Anfangsphase eines ERP-Projekts liegt der Fokus oft auf Prozessen, Schnittstellen und Systemlogik. Die Daten? Die werden am Ende schon irgendwie reingeladen.
Das ist brandgefährlich. Denn: Datenmigration ist kein technischer Nebenjob. Sie ist ein eigenes Teilprojekt – mit eigener Planung, eigenem Verantwortlichen und idealerweise einem sehr frühen Start.
Mein Rat: Legen Sie die Verantwortung für die Migration nicht beim Dienstleister ab. Und auch nicht beim Azubi. Definieren Sie früh, welche Daten migriert werden sollen – und welche nicht.
2. Keine Klarheit über die Datenqualität
Ein typischer Dialog in der Anfangsphase:
„Wie gut sind Ihre Stammdaten?“„Die passen schon. Wir arbeiten ja täglich damit.“„Gibt es Dubletten, veraltete Einträge, Leichen in der Datenbank?“Schulterzucken.
Was viele unterschätzen: Eine ERP-Einführung ist ein Röntgengerät für Datenmüll. Was vorher irgendwie funktionierte, fliegt Ihnen jetzt um die Ohren – sei es durch Prüfregeln, Pflichtfelder oder neue Datenstrukturen.
Ich erinnere mich an ein Projekt im Handel: Mehr als 40.000 Artikelstammdaten, davon 15.000 ohne Warengruppe, mehrere hundert doppelt oder widersprüchlich gepflegt. Ergebnis: Wochenlange Korrekturschleifen – mit viel Druck, Chaos und Überstunden.
Mein Tipp: Machen Sie frühzeitig eine Datenqualitätsanalyse. Identifizieren Sie systematisch Inkonsistenzen, fehlerhafte Felder und fehlende Daten. Und: Machen Sie das vor dem ersten Migrationslauf.
3. Die Verantwortung ist unklar
Datenmigration ist eine Schnittstelle zwischen IT und Fachbereich. Und genau das wird oft zum Problem.
Die IT sagt: „Die Fachbereiche müssen sagen, was sie brauchen.“
Die Fachbereiche sagen: „Die IT muss sagen, was möglich ist.“
Der Dienstleister sagt: „Wir migrieren, was ihr uns gebt.“
Was fehlt: Eine übergreifende Verantwortung. Jemand, der Anforderungen, technische Möglichkeiten und Projektziele zusammenführt.
In meinen Projekten übernehme ich genau diese Rolle: Ich moderiere, fordere, strukturiere – und schließe Lücken zwischen den Beteiligten, bevor sie eskalieren.
Konkrete Empfehlung: Benennen Sie eine zentrale Ansprechperson für die Datenmigration. Diese sollte fachlich versiert, kommunikativ stark und im Projekt verankert sein – und keine Angst vor unangenehmen Fragen haben.
4. Der Migrationsprozess ist nicht durchdacht
Viel zu oft höre ich: „Wir exportieren die Altdaten als Excel und laden sie dann ins neue System.“ Das kann klappen. Muss es aber nicht.
Werden die Datenformate abgestimmt?
Gibt es ein Mapping zwischen Alt- und Neufeldern?
Was passiert mit verwaisten Datensätzen?
Wie oft wird migriert – nur einmal, oder in mehreren Testläufen?
Gibt es ein Rückfallkonzept?
Ohne klare Antworten entsteht hier massiver Mehraufwand – und oft Stillstand in der heißen Phase vor dem Go-Live.
Mein Rat: Entwickeln Sie ein Migrationskonzept – schriftlich, abgestimmt, getestet. Und führen Sie mindestens zwei Testmigrationen durch, um Überraschungen zu vermeiden.
5. Die Testdaten entsprechen nicht der Realität
Noch ein Klassiker: Im Testsystem funktioniert alles – im Produktivsystem nicht. Warum? Weil im Testsystem nur „saubere“ Beispielkunden mit idealtypischen Daten angelegt wurden.
Doch reale Daten sind schmutzig. Kunden ohne Steuernummer, Artikel mit Umlauten, Preise mit 6 Nachkommastellen. Wenn Sie das nicht testen, knallt es beim Echtstart.
Deshalb: Verwenden Sie echte Echtdaten – idealerweise pseudonymisiert oder aus einem aktuellen Systemabzug. Nur so sehen Sie, wo das neue System an seine Grenzen kommt.
6. Es fehlt die Zeit für die Menschen
Migration ist kein rein technischer Vorgang. Sobald Datenstrukturen sich ändern, betrifft das die Arbeit der Menschen – oft tiefgreifend:
Wer pflegt künftig welche Felder?
Wie ändert sich der Erfassungsprozess?
Welche alten Gewohnheiten müssen überdacht werden?
Gute Migration heißt auch: Change Management. Frühzeitig informieren. Prozesse erklären. Verantwortung klären. Und mitdenken, wie Ihre Mitarbeitenden künftig besser arbeiten können – nicht nur anders.
Fazit: Migration ist kein Nebenkriegsschauplatz
Wenn Sie gerade ein ERP-Projekt planen – oder mittendrin stecken – nehmen Sie die Datenmigration ernst. Sie entscheidet über den Projekterfolg.
Sie muss strategisch gedacht, professionell vorbereitet und konsequent durchgeführt werden. Und sie braucht jemanden, der den Überblick behält – über Systeme, Menschen und Ziele.
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